BI lebenswertes Korbach

Das Land im Widerspruch

Presse 2007 >>

RP und Ministerium uneins: Debatte um Korbacher Müllheizkraftwerk neu entfacht

Von Andreas Hermann
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KORBACH/KASSEL. Mit Unverständnis reagiert die FDP auf die Äußerung aus dem Hause von Sozialministerin Lautenschläger. Mit der Forderung nach Baustopp und Widerruf der Genehmigung für das Korbacher Müllheizkraftwerk reagieren die Grünen auf die Erklärung von Sozial-Staatssekretär Gerd Krämer, wonach vor dem Betriebsstart die Schadstoff-Vorbelastung im Raum Korbach untersucht werden müsse (wir berichteten). Bekanntlich sieht das Regierungspräsidium Kassel (RP) dies anders, hat deshalb die Anlage genehmigt. Der offenkundige Widerspruch unter den Landesbehörden entfacht die Diskussion ums Korbacher Müllheizkraftwerk aufs Neue.

Keine Fakten schaffen

„Es darf jetzt nicht bei frommen Wünschen bleiben, sondern die Landesregierung muss umgehend diese Untersuchung in Auftrag geben", meinte der Stadtverordnete und Landtags-Direktkandidat Daniel May (Grüne). „Die vom Regierungspräsidium ausgestellte Genehmigung muss widerrufen werden, da sie auf einer ungenügenden Datenbasis gründet." Weil Daten fehlen, müsse auch ein Baustopp erlassen werden. May: „Es kann nicht sein, dass ohne Rücksicht auf die Ergebnisse einer Vorbelastungsuntersuchung Fakten geschaffen werden."

Verwundert zeigt sich der FDP-Kreisverband über die jetzige Forderung des Sozialministeriums, hatte Kreisvorsitzwider und Landtagsabgeordneter i icinrich Heidel doch bereits im März Auskunft in der Angelegenheit verlangt.

Ökologisches Mäntelchen?

„Ich wollte damals von der Landesregierung wissen, ob es irgendwelche Hinweise auf Erkrankungen gibt, die im Zusammenhang mit Umwelteinflüssen in der Region stehen könnten. Damals wurde mir erklärt, dass man keine signifikanten Einflüsse feststellen könnte." Es gibt keine Beweise für erhöhte Bronchialerkrankungen im Raum Korbach; und die Asthmaerkrankungen liegen unter dem Landesdurchschnitt, habe das Land verlautbaren lassen.

Heidel sieht nach der Stellungnahme des Staatssekretärs nun Silke Lautenschläger in der Pflicht: „Ich will nun von der Ministerin wissen, ob die damaligen Äußerungen
unzureichend und lückenhaft waren oder ob jetzt neue Erkenntnisse vorliegen." Wenn ja, sei die Bevölkerung darüber zu informieren. „Wenn nein, kann man nur unterstellen, dass die Landesregierung sich im Vorfeld der Landtagswahl ein ökologisches Mäntelchen umhängen will, da jede jetzt in Auftrag gegebene Untersuchung erst nach der Wahl vorliegen wird."

Wird intern geprüft

Das Regierungspräsidium Kassel genehmigte den Bau und Betrieb des Müllheizkraft- Werkes bereits, jetzt will das Ministerium vor dem Betriebsstart Daten zur Vorbelastung sehen: Zu den widersprüchlichen Positionen der beiden Landesbehörden vermochten das Regierungspräsidium und das Ministerium gestern noch keine Erklärung abzugeben. Ein RP-Sprecher erklärte auf Anfrage unserer Zeitung lediglich, der Vorgang werde derzeit intern penrüft.

HINTERGRUND

Korbacher Kinder häufiger krank?

2,6 Prozent der Sechsjährigen in Korbach litten an Bronchitis oder einem bronchitischem Syndrom, einem langanhaltenden Husten.

Das ergab eine Auswertung der Schulärztlichen Untersuchungen. Im Landesdurchschnitt seien esnur 1,1l Prozent der Kinder. Das hatte Prof. Martin Henseling, Referatsleiter Umwelttoxikologe im Hessischen Sozialministerium, im Dezember 2006 auf Anfrage unserer Zeitung erklärt.

Die Zahl der Kinder mit Asthma ist in Korbach mit 0,8 Prozent jedoch nur halb so hoch wie im Landesschnitt (1,5 Prozent).

Henseling riet, die Ergebnisse der Untersuchungen vorsichtig zu interpretieren, da sie wissenschaftlich nicht belastbar seien. Prof. Henseling: „Da sind viele Fragezeichen drin." Auffällig sei aber: Während die Zahl der erkrankten Kinder im Landesschnitt von 1998 bis 2005 von 1,27 auf 0,97 Prozent sank, .stieg in Korbach die Zahl der kranken Kinder: von 0,6 auf 4 Prozent.

Henseling hielt eine Untersuchung der Korbacher Luft auf Vorbelastungen mit Schadstoffen schon 2006 für „sehr sinnvoll". (emr)

 

 

 

 

Quelle: HNA vom 13. November 2007

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