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Bürgerbefragung entzweit bürgerliches Bündnis

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KORBACH. Ob sie für oder gegen den Bau eines Müllheizkraftwerkes nahe dem Conti-Werk sind, werden die Korbacher vielleicht doch gefragt.

Anders, als es sich im Haupt- und Finanzausschuss abgezeichnet hatte (wir berichteten), beschloss am Donnerstag eine knappe Mehrheit der Stadtverordneten, diese Möglichkeit vorzusehen. Die Abstimmung entzweite das bürgerliche Bündnis (Kooperation) aus CDU, FWG und FDP. Eine CDU-Stadtverordnete und ein FWG-Vertreter (die anderen vier enthielten sich der Stimme) votierte mit der Mehrheit der SPD-Fraktion und den Grünen dafür, es bei dieser Option zu belassen.

"Nach der Bürgerversammlung prüft die Stadtverordnetenversammlung die Möglichkeit und die Notwendigkeit zur Durchführung einer Bürgerbefragung", so lautet der umstrittene Teil des verabschiedeten Beschlusses. Eine solche Bürgerbefragung kann die Stadtverordnetenversammlung beschließen. Dass dies nicht nötig sei, meinten CDU und Liberale.

CDU-Fraktionschef Andreas Kwoll stellte klar, dass die CDU eine "Bürgerbeteiligung" wolle, eine Bürgerbefragung mit ihrem unverbindlichen Charakter jedoch in diesem Rahmen für das "schlechteste Mittel" halte.

FDP-Fraktionsvorsitzender Kai Knöpper wies auf die Instrumente der Hessischen Gemeindeordnung hin. Ein Bürgerbegehren, das bei Erfolg in einen Bürgerentscheid mündet, muss von mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten unterzeichnet sein, um angenommen zu werden. Es zu beantragen, liegt in Händen der Bürger, nicht der Stadtverordneten.
Nach der beschlossenen Reihenfolge soll als nächstes eine Bürgerversammlung einberufen werden, mit der "alle Beteiligten in die Lage versetzt" werden, "eine versachlichte, vorhabenbezogene Diskussion zu führen". Anschließend, voraussichtlich in der Sitzung am 14. Juli, sollen die Stadtverordneten über die für das Bauvorhaben nötige Änderung des Bebauungsplans entscheiden. Spätestens dann erwartet die Stadt von Conti eine "offizielle Stellungnahme", in der "eindeutig" zu der Notwendigkeit eines Müllheizkraftwerks "für die Standortsicherung unseres Hauptarbeitgebers Stellung bezogen wird. Es wäre begrüßenswert, wenn eine Standortzusage für die nächsten zehn Jahre abgegeben würde." Auch dieser Appell ist Bestandteil des Beschlusses.

Der Antrag des Investors, der Stadtwerke Mannheim-Tochter MVV Energieleistungen GmbH, das geltende Planungsrecht im Wege eines Vorhaben- und Erschließungsplans zu ändern, ist nach Angaben von Bürgermeister Klaus Friedrich am 24. Mai bei der Stadt eingegangen. Friedrich deutete in der Debatte an, dass sich Conti-Betriebsleitung und MVV noch nicht einig geworden seien und weiter über Vertragsinhalte verhandeln würden.

Er bezeichnete den Beschluss als "Handlungsrahmen" für den Fortgang des Verfahrens und bedauerte gegenüber den Stadtverordneten, dass "ich ihnen nicht mehr berichten kann". Aus diesem Grund sei er auch nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten, die Anfang der Woche vom Sprecher der Korbacher Nabu-Gruppe, Dr. Peter Koswig, gestellt wurden (wir berichteten). Auch FWG-Fraktionschef Kai Schumacher plädierte dafür, erstmal abzuwarten, bis "Fakten auf dem Tisch sind".

Das stärkste Argument, die Bürgerbefragung nicht sofort ad acta zu legen, lieferte SPD-Sprecher Helmut Schmidt. "Wenn wir diese Möglichkeit streichen, wecken wir Misstrauen." Er sprach sich nachdrücklich dafür aus, "die Option Bürgerbefragung, auch wenn sie unverbindlich ist, offen zu lassen".

Schmidt wandte sich vehement ("Dies ist eine Unverschämtheit!") gegen Versuche von Landrat und Kreistagsabgeordneten, auf die Entscheidungen der Stadtverordneten Einfluss zu nehmen. Das Thema Müllheizkraftwerk eigne sich weder für einen Streit zwischen Kreis und Magistrat noch für eine Auseinandersetzung zwischen den Fraktionen.

Der Sozialdemokrat regte an, für die bevorstehende Bürgerversammlung einen externen Fachmann zur Teilnahme einzuladen.

von Thomas Kobbe

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