BI lebenswertes Korbach

Keine Mehrheit für Schadstoffgutachten

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KORBACH (tk). Die große Mehrheit der Korbacher Stadtverordneten lehnt es ab, ein humantoxikologisches Gutachten für den Bau des Conti-Heiz-kraftwerkes zu fordern.

Entsprechende Anträge der Grünen und der CDU-Fraktion wurden mit den Stimmen der SPD, FWG, FDP und Teilen der CDU abgelehnt.

Die Fraktion der Grünen hatte bereits im Mai den Antrag gestellt, ein solches Gutachten, mit dem die Schadstoff-Vorbelastung ermittelt werden soll, zur „Grundlage für die Umweltverträglichkeitsprüfung des Genehmigungsverfahrens" zu machen. Das Gutachten sollte außerdem vor der „Weiterführung der Planungen" erstellt werden. Die CDU-Fraktion hatte diese Forderung in ihrem Änderungsantrag, den Bauausschussvorsitzender Dr. Dieter Wei-gel ausführlich begründete, ebenfalls aufgestellt. Anders als im Grünen-Antrag verwiesen die Christdemokraten ausdrücklich auf eine Bestimmung im Baugesetzbuch, die für jedes innerörtliche Bauvorhaben vorschreibt: „Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben" (§34, Absatz 1, Satz 2).

Nach langer Debatte wurden beide Anträge bei der Stadtverordnetensitzung am Donnerstag abgelehnt. Somit liegt beim Regierungspräsidium Kassel allein der Antrag des „Aktionsbündnisses für ein lebenswertes Korbach" für ein solches Gutachten vor. Die Chancen, dass es in Auftrag gegeben wird, sind ohne politische Unterstützung als gering einzustufen.

Bilden die Emissionen aus dem geplanten Conti-Heizkraftwerk, in dem vorbehandelter Müll verbrannt werden soll, zusammen mit bereits vorhandenen Schadstoffbelastungen Gesundheitsrisiken für die Bürger? Diese Frage hätte das geforderte Gutachten klären und die Ergebnisse dazu führen können, dass in die Verbrennungsanlage eine Filtertechnik eingebaut wird, die mehr Schadstoffe zurückhält als es der Gesetzgeber nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vorschreibt.

„Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was gesetzlich vorgeschrieben ist und dem, was für die Bürger wünschenswert wäre." So erklärte Daniel May von den Grünen den Unterschied zwischen notwendiger und optimaler Filtertechnik.

Es gehe nicht um die Frage „Heizkraftwerk ja oder nein, sondern wie?"

Auf eine andere Konsequenz wies Eckart Hardegen (CDU), langjähriger Conti-Umweltbeauftragter, hin. Komme das Gutachten zu dem Schluss, dass bereits ohne Heizkraftwerk gesundheitsgefährdende Schadstoffbelastungen vorhanden sind, dann müsse die Stadt dafür sorgen, dass diese Emissionen beseitigt werden oder industrielle Neuansiedlungen nicht mehr zulassen. „Aber auch diese Verantwortung müssen wir wahrnehmen", betonte Christdemokrat Dr. Weigel.

Hardegen erinnerte auch an den Zweck derartiger Anlagen. Gerade weil der Gesetzgeber die Gefahr erkannt habe, die von Deponie-Altlasten ausgehe, sei die Vorbehandlung und Verbrennung des Mülls als neue Verfahrenstechnik eingeführt worden. Das Fachwissen der Behörden bei Genehmigung und Kontrolle garantiere, dass „eine solche Anlage nur gebaut werden kann, wenn sie den strengen gesetzlichen Vorschriften entspricht". Ihr Vertrauen in die Genehmigungs- und Kontrollbehörden bekundeten außerdem FWG-Fraktionschef Kai Schumacher und FDP-Stadtverordneter Arno Wiegand.

„Wofür stehen wir eigentlich?" Diese Frage richtete Jörg Schönfelder an die Parlamentarier. Denn nach Ansicht des SPD-Stadtverordneten und Conti-Betriebsratsvorsitzenden sei es für die Bürger schwierig, „einen klaren Frontverlauf zu erkennen". Angesichts der steigenden Energiekosten werde der Bau des Heizkraftwerks vom Konzernvorstand wie von der Belegschaft als wichtiger Standortvorteil betrachtet, sagte Schönfelder.

„Ich beneide alle, die sagen können: Ich bin dafür oder ich bin dagegen", bekannte sein Fraktionskollege Helmut Schmidt. Von dem Heizkraftwerk ginge zwar „eine potenzielle", jedoch keine „konkrete Gefahr" aus. Denn würde ein humantoxikologisches Gutachten eine hohe Schadstoffbelastung ausweisen, müsse etwas anderes verändert werden. Deshalb reiche der Magistratsbeschluss aus, der Ende August gefasst und dem Regierungspräsidium übermittelt wurde.

Darin heißt es: „...vom MVV als zukünftigem Betreiber der Anlage (ist) der Einbau einer optimalen Technik zu fordern. Zur Beurteilung, ob diese Vorgaben erfüllt werden, wird der Regierungspräsident aufgefordert, hier einen unabhängigen Gutachter mit der Prüfung zu beauftragen."

Quelle: WLZ vom 23. September 2006

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