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Franz Kirchner - Statistiken

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Statistisch alles in Ordnung?


Über Statistiken und ihre Aussagekraft schreibt Franz Kirchner, Korbach:


„MVV: Im Jahresmittel stets weit unter den Grenzwerten“, hieß es in einem Bericht. Wunderbar, wird sich der unbedarfte Leser vielleicht denken, statistisch alles in Ordnung. Auf der gleichen Seite eine Auflistung aller „größeren“ Betriebsstörungen mit Grenzwertüberschreitungen. Wie passt das zusammen?

Nun, wer im Jahresmittelwert mit 50 km/h durch die Stadt fährt, hält statistisch zwar die Geschwindigkeitsbegrenzung ein. Wenn er an einem Tag nur 30 fährt, aber am nächsten Tag mit 70 km/h, hat er den Grenzwert trotzdem zeitweise überschritten und auch das wird geahndet. Also: MVV wurde seit Mai 2009 bereits sechsmal geblitzt. In Flensburg würde da schon ein Fahrverbot drohen.


Ähnliche statistische Fehlinterpretationen scheinen im Moment im Kreishaus zu kursieren: Zwei Schuleingangsuntersuchungen und eine vom Kreis selbst beauftragte Studie von Prof. Ranft deuten auf eine erhöhte Zahl von Atemwegserkrankungen bei Kindern hin, letztere Untersuchung sogar auf einen Zusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeit und Entfernung zwischen Wohnung und einem Industriebetrieb. Daraufhin sollen ein Toxikologe und ein Umweltmediziner beauftragt werden, um Ursachen zu ermitteln und Abhilfe zu schaffen.
Plötzlich taucht eine Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung auf, die schlussfolgern lässt, dass zumindest in einem Quartal 2009 mehr Menschen in Bad Arolsen wegen einer chronischen Erkrankung der unteren Atemwege beim Arzt waren als in Korbach. Diese „Echtzahlen“ seien der Beleg dafür, dass in Korbach alles in Ordnung sei.

Mit Verlaub, mit ein wenig statistischen Grundkenntnissen lässt sich erkennen, dass diese Auswertung die vorangegangenen Studien in keiner Weise infrage stellt. Da die KV-Auswertung die Wohnorte der Patienten nur nach Postleitzahlen und nicht nach Straßen erfasst, lässt sich kein Zusammenhang zwischen Wohnung und Schadstoffquelle ableiten. Da die Auswertung auch nicht nach Alter unterscheidet, kann auch keine Aussage zur Erkrankungshäufigkeit bei Kindern abgeleitet werden. Die bisher vorliegenden Studien müssen sich also nicht widersprechen, sondern ergänzen sich unter Umständen.

Um der Gesundheit unserer Kinder willen ist daher eine schnellstmögliche Ursachenforschung erforderlich.


WLZ 24.04.2010

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